Ich bin ein Mensch, der unfassbar gerne gute Bücher liest. Ob das nun Klassiker wie Goethe und Schiller oder der neueste Bestseller ist,, hängt natürlich immer von der aktuellen Laune ab, aber irgendetwas finde ich immer, was mich begeistert. Letztens fragte mich ein Freund, warum ich mir das antun würde. Ob es auf der Welt nicht schon genug Leiden geben würde und warum ich mir in meiner Freizeit auch noch Geschichten voller Liebeskummer und Leid durchlesen würde. Ganz abgesehen davon, dass natürlich nicht alle Geschichten, die ich lese voll von negativen Gefühlen sind, hat mich diese Frage doch irgendwie beschäftigt. Warum lesen wir Menschen auch noch von all dem was wir in unserem Alltag gar nicht wollen?

Ich denke, es könnte einerseits daran liegen, dass man sich durch die Charaktere im Buch und deren Handlungen verstanden fühlt. Man steht nicht alleine da mit seinen Gefühlen und Problemen, es gibt auch noch andere, die so empfinden. Gerade bei Autoren wie Schiller geht das geschriebene Wort auch deutlich über das, was man innerhalb eines Gespräches mit einem Freund ausdrücken könnte und würde hinaus. Ich meine, ganz ehrlich, wenn ihr ein Problem habt und mit einem Freund darüber reden würdet, würdet ihr dann sagen :
„Ich will mich zwischen dich und das Schicksal werfen – empfangen für dich jede Wunde – auffassen für dich jeden Tropfen aus dem Becher der Freude – dir ihn bringen in der Schale der Liebe“ (aus Schillers „Kabale und Liebe“)
oder einfach nur „Ich liebe ihn“?. Und würde nicht so manches mal das Zitat so viel zutreffender sein, obwohl die meisten sich schämen würden seinen Freunden in solch metaphorischer Weise von den eigenen Problemen zu berichten?
Ich glaube schon, dass es, gerade in Momenten in denen man sich mit den eigenen Gefühlen unsicher ist,, helfen kann zu lesen, dass es anderen genauso ergeht. Dass nicht nur viel zu viele Menschen heute verlogen und falsch sind, sondern dass es solche Menschen selbst in den schönsten Liebesgeschichten gibt. Vielleicht muss das auch so sein. Was wäre all das Schöne, wenn es leicht zu haben wäre. Würden wir es dann überhaupt noch wollen? Andererseits sind es ja auch gerade diese Probleme ob nun in Form anderer Menschen oder Gefühle, die so häufig dafür sorgen, dass Tragödien eben als Tragödien enden und nicht als Liebesroman.
Ich denke, dass Geschichten durch das Leid das sie darstellen erst realistisch werden. Natürlich kann es auch schön sein, einen relativ geradlinigen Liebesroman zu lesen (Da empfehle ich der „Vom Inder der mit dem Fahrrad nach Schweden fuhr, um seine große Liebe wiederzufinden“ (nach einer wahren Begebenheit!)), aber es kann ebenso schön sein eine Geschichte zu lesen, die eigentlich von Missgunst, Eifersucht oder Intrige geprägt ist, denn all das sind Dinge, mit denen wir auch im Alltag umgehen müssen. Vielleicht fällt einem das ja leichter, wenn man sieht, dass es immer auch eine gute Seite geben muss. Dass Eifersucht nur existieren kann, wenn es auch Verliebte gibt und dass Missgunst nur vorhanden sein kann, wenn jemand anderes glücklich ist mit dem was er hat.
Ganz werde ich die Frage, warum wir traurige Geschichten lesen nicht beantworten können. Manchmal weint man am Ende und ich finde ein Buch besonders schön, wenn es solche Gefühle in mir hervorrufen kann. Aber alle Menschen sind unterschiedlich. Manche lesen lieber Krimis, andere Liebesromane und wieder andere Horrorgeschichten. Wie geht es euch? Was lest ihr am liebsten und habt ihr noch Ideen, warum wir uns manchmal gerne mit den Protagonisten mitleiden?